Honig schmeckt nicht nur gut, er kann auch heilen. Hartnäckige Wunden zum Beispiel. Medizinischer, neuseeländischer Manukahonig führt die Liga der klebrig-süßen Heiler an. Ein genereller Ersatz für Antibiotika-Therapien ist er jedoch nicht.
„Oh, nein!“ – Kiras Besitzern steckt der Schreck noch heute in den Knochen. Als die österreichische Tierärztin Dagmar Scheiner den Verband von der Rute der vierjährigen Staffordshire-Hündin löst, sieht es darunter übel aus. Die vor einer Woche – aufgrund einer Verletzung – erfolgreich amputierte Rutenspitze schien doch auf dem besten Weg der Heilung zu sein. „Wir wechselten regelmäßig den Verband, verabreichten die erforderlichen Medikamente und alles sah nach tadelloser Abheilung aus“, berichtet die Tierärztin. Doch dann nässte die Stelle plötzlich. Das Gewebe starb ab. Das erfordert die zweite Amputation eines Rutenstückes – dasselbe Ergebnis. Weitere Amputationen kamen für Dagmar Scheiner nun nicht mehr in Frage. Jetzt setzte sie Heilhonig ein. „Eine alternative Behandlungsmöglichkeit, die jedoch keinesfalls generell den Einsatz von Antibiotika überflüssig macht“, betont die Österreicherin. In Kiras Fall ein voller Erfolg. „Nach nur einer Woche verkleinerte sich die Wunde sichtbar“, freut sich die 44-Jährige, die im eigenen Land zu den Pionieren im Bereich Heilhonig zählt und anderen Fachleuten Vorträge darüber hält. Nach nur fünf Wochen war Kiras Rutenspitze vollständig verheilt. Und dieser Zustand hielt an.
Biohonig gehört aufs Brötchen
Ein Wunder? Keineswegs. „Die Wirkung von Heilhonig ist aus der Humanmedizin längst bekannt“, erzählt Dagmar Scheiner. Wobei es hier nicht um handelsüblichen Lebensmittelhonig geht. Gemeint ist medizinischer Honig, der nachweislich frei von Sporen und anderen für Heilprozesse bedenklichen Substanzen ist. „Wie bei jeder medizinischen Indikation sollte darauf geachtet werden, ausschließlich zugelassene Medizinprodukte zu verwenden. Unser handelsüblicher Lebensmittelhonig, Biohonig, sowie im Internet angepriesener Manukahonig, gehören aus gutem Grund besser auf das Frühstücksbrötchen, als auf eine offene Wunde, da eventuell Sporen von Krankheitserregern enthalten sein können“, warnt die Tierärztin.
Die Maori schwören drauf
Neuseeländischer Manukahonig steht hierbei besonders im Fokus. Er hat eine extrem keimhemmende Wirkung, die sogar messbar ist. „Der Unique Manuka Factor, der UMF-Wert, ist ein Parameter zur Skalierung der antibakteriellen Wirksamkeit von Manukahonig“, weiß die Tierärztin und fügt hinzu, dass Honig keinesfalls generell Antibiotika ersetzen könne. Das müsse von Fall zu Fall entschieden werden. Für die neuseeländischen Ureinwohner, die Maori, übrigens nichts Neues: Sie nutzen die heilenden Kräfte des zu den Teebaumarten gehörenden Manukastrauches seit jeher. Verwendung finden sowohl die Blätter als auch die daraus gewonnenen Öle.
Wie funktioniert das?
Dass Honig gut tut, wussten schon die Alten Ägypter, die Griechen der Antike und Chinesen. Doch warum wirkt Honig überhaupt heilend? Das hat mehrere Ursachen. Seine Heilkraft liegt zum einen an seiner Konsistenz: Honig enthält mehr Zucker als Wasser, wodurch er Bakterien durch ihre Außenhülle das Wasser entzieht. „Sie trocknen dadurch aus, vermehren sich nicht mehr“, erklärt Dagmar Scheiner.
Zum anderen ist es das Enzym Glucose-Oxidase, das die Bienen dem Honig hinzufügen. Durch eine Reaktion mit dem Zucker entsteht Wasserstoffperoxid, ein weiterer Bakterienkiller – unterstützt von rund 30 aromatischen Säuren und Flavonoiden, mit ähnlicher Schlagkraft. Da Honig nicht nur entzündungshemmend wirkt, sondern auch aktiv das Gewebewachstum unterstützt, lässt er Wunden schneller heilen. Wie bei Staffordshire-Hündin Kira, die seit ihrer Manuka-Therapie wieder völlig unbeschwert mit der Rute wedelt.
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